Online-Marketing für Verlage

So kommt Leben auf die Webseite

Börsenblatt, Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel vom 14. Januar 2010 - Von Volkhard Bode

Im Online-Marketing ist Vernetzung das A und O. Viel Werbewirkung für wenig Geld: Wie vor allem kleinere Verlage von einer guten Homepage profitieren.

Seit dem der Bebra Verlag seiner Homepage ein frisches Outfit mit komfortablen Features verordnet hat, scheinen die Sympathien für die Bebra-Bücher zu wachsen. Wenigstens lässt das der Anstieg der Buchbestellungen vermuten, die nun zumeist über die Webseite einlaufen. "Wir sind im Ranking der Suchmaschinen schnell nach oben gerückt - und unsere Titel finden mehr Aufmerksamkeit, bei der Presse wie beim Endkunden", freut sich Verleger Ulrich Hopp. Auf durchschnittlich 12 000 Besuche kommt Bebra im Monat - nicht schlecht für einen kleineren unabhängigen Verlag mit vielseitigem Sachbuch- und Belletristikprogramm. Für die externe Kommunikation sei der Relaunch in jedem Fall ein Zugewinn, meint Hopp. Ob der Verlag deshalb auch mehr Geld verdienen wird - das ist nach wie vor schwer abzuschätzen. Vor knapp einem Jahr hatte Bebra den IT-Dienstleister gewechselt, um beim Online-Marketing voranzukommen und den Datentransfer zu vereinfachen. Seitdem hat das Berliner Ingenieurbüro Feenders Buchtitel und Unterwegsites zu Programmbereichen und Einzelthemen verlinkt, die Inhalte beweglicher und vielseitiger nutzbar gemacht. Spielerische Elemente wie der blätterbare Katalog, ein Link zur Lesefunktion von libreka!, ein Video-Fenster und der gut durchdachte Veranstaltungskalender machen die Webseite attraktiv.

Joest Feenders, der auch die Websites von Eulenspiegel und Wagenbach relauncht hat, riet dem Verleger dazu, nicht einzelne Buchtitel, sondern möglichst viele Verweise auf sein Programm online zu stellen. Zur Vernetzung mit Portalen und Online-Communities können Leseproben beitragen, aber auch Autorengespräche, Newsletter und Gewinnspiele. Extra-Sites zu aktuellen Themen und den entsprechenden Bebra-Büchern lenken weitere Besucher auf die Homepage. Beispiel: die Stasi-Verstrickungen im Fall Benno Ohnesorg. Jeder Link sorgt für Werbewirkung, ohne deshalb gleich Werbekosten zu verursachen - und macht die Bücher schneller auffindbar.

Feenders nutzt für seine Homepage-Renovierungen das freie und benutzerfreundliche Content Management System Joomla, das sich einfach an die Bedürfnisse von Verlagen anpassen lässt und nur wenig Zeit für Einarbeitung und Pflege braucht.

Werden sämtliche Inhalte von Anfang an ins System eingepflegt, ergibt sich auch beim Workflow eine Zeitersparnis. Durch Automatismen hat sich der Import und Export von Daten vereinfacht, so dass nun keine externen Dienstleiter mehr in Anspruch genommen werden müssen.

Auch Verlage mittlerer Größenordnung können durch neu strukturierte Internetauftritte deutlich dazu gewinnen - erst recht, wenn ihr Absatzgebiet begrenzt ist. Die Eulenspiegel Verlagsgruppe etwa, die seit Herbst 2009 alle Töchter und Labels unter einem Homepage-Dach vereint und vor allem im Osten ein starkes Vertriebsnetz hat, baut ihr Online-Marketing schrittweise aus. Neben den virtuellen Katalogen und den Novitäten-Seiten wurde zunächst Wert auf einen übersichtlichen Veranstaltungkalender gelegt, auf dem jährlich rund 1000 Termine stehen. "Schon nach wenigen Monaten ist die Auffindbarkeit unserer Seiten deutlich gestiegen, ebenso die Verweildauer der Besucher" lautet die Zwischenbilanz von Geschäftsführerin Jacqueline Kühne. So wurden im Dezember 35000 Besuche auf eulenspielverlag.de und 125 000 bei rotbuch.de gezählt. Damit lernen die eher aus dem Westen stammenden Rotbuch-Leser das Eulenspiegel-Programm kennen - und Eulenspiegel-Leser das Rotbuch-Angebot. Der Verlag will seine Rubriken für Handel und Endverbraucher ausbauen und künftig auch Features wie Audio- und Video-Files einbinden.

Technische Hürden gibt es kaum noch - das bekräftigen die IT-Dienstleister. Die Tools zur Einrichtung effizienter Firmenwebsites sind vorhanden, der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Für die Verlage kommt es darauf an, die vorhandenen Module kostengünstig und maßgeschneidert zu nutzen.

Dabei müssen gerade Publikumsverlage ein besonders breites Interessenspektrum von Internetnutzern im Auge haben. Der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch, der wie Rowohlt, Droemer Knaur oder Hanser zu den Vorreitern im Netz gehört, hat seine Homepage bereits im Februar 2009 renoviert. Seitdem prüft und aktualisiert der Verlag fortlaufend das Konzept. "Die Site soll Handel, Medien und Endkunden gleichermaßen ansprechen", sagt Marco Verhülsdonk, bei KiWi gemeinsam mit einer weiteren Online-Redakteurin für die Inhalte verantwortlich. Die technische Umsetzung übernimmt eine externe Agentur. Auffällig ist die lange Liste aktueller Videos und Buchtrailer auf YouTube-Basis, darunter auch professionelle Eigenproduktionen.

Um bei Suchmaschinen gut auffindbar zu sein, setzt KiWi auf Inhalte - auf die Verlinkung mit bekannten Autoren und Titeln, die ein Medienecho auslösen, aber auch auf Keyword-Advertising. Hier werden bei Vermarktern wie Google Adword Schlüsselwörter gebucht, die beim Suchen als Anzeige erscheinen. "Am weitesten kommt man, wenn man Internetpartnern interessante Infos zur Verfügung stellt", sagt Verhülsdonk. Seit dem Start hat sich die Besucherzahl der KiWi-Webseite verdoppelt, sie kommt monatlich auf 30 000, vor Buchmessen schon mal auf 300 000 Einzelbesucher.

Indikatoren wie Newsletter zeigen an, welche Buchtitel besonders häufig angeklickt werden. "Alle Elemente des crossmedialen Marketing müssen ineinander greifen, um zu höheren Auflagen zu kommen", so Verhülsdonk. Die Verlags-Homepage gehöre inzwischen fest dazu, um Marketingdruck über die Medien entstehen zu lassen. "Bester Garant, um Bücher im Ranking der Suchmaschinen nach vorn zu schießen, bleibt die Vernetzung".

 

Mehr Mut und Abenteuerlust erwünscht
Börsenblatt, Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel vom 14. Januar 2010 - Interview von Volkard Bode mit Joest Feenders

Wo stehen die meisten Publikumsverlage bei Datentransfer und Online-Marketing?
Verglichen mit anderen Branchen im gesunden Mittelfeld. Ich wünsche mir aber mehr Mut und Abenteuerlust. Es gibt Vorreiter, doch viele haben nur suboptimale Lösungen, die oft mit hohem Arbeitsaufwand verbunden sind. Etwa beim Import oder Export von Daten zu Partnern wie dem Buchhandel, dem VLB oder zu Portalen wäre vieles zu automatisieren.

Wie sollten Verlag auf die Beratung für einen Relaunch ihrer Webseite vorbereitet sein?
Umschauen - was machen die anderen Verlage? Was gefällt, was nicht? Neben dem reinen Layout auch auf Funktionalitäten, Informationsarchitektur und Präsentation der Inhalte achten. Ich rate dazu, aus Kundensicht zu denken und Überlegungen zum internen Arbeitsablauf anzustellen. Welche Arbeitsschritte sollen erleichtert werden? Welche Schnittstellen sind gewünscht?

Sie plädieren für mehr Experimentiergeist ...
Für die Auffindbarkeit und Präsenz im Internet nutzen viele noch nicht ihr Potenzial. Ich würde mir weitergehende Inhalte als nur Titelinformationen wünschen. Zum Beispiel Leseproben, wenn möglich auch ergänzende Audio- oder Video-Files, Newsletter etc. Es gibt viele begleitende Möglichkeiten wie libreka!, Search Inside / Blick ins Buch, Google Books, BookRix, Lovely-Books, Vorablesen. Anbieten von zusätzlichen Angeboten, wie z.B. Leseproben für eBooks und iPhone, ggf. vorhandene Videos auch auf YouTube einstellen, einrichten eines Profils bei Facebook, verknüpfen der Verlagswebseite mit dem Profil auf Facebook  ...